Offizielle Auswertung der Händlerbefragung

Der Stand der Digitalisierung im inhabergeführten stationären Einzelhandel (ISEH) befindet sich in Südwestfalen insgesamt auf einem niedrigen Niveau. Dies ergab die Auswertung der entsprechenden Händlerbefragung des Competence Centers E-Commerce.

Insgesamt haben 243 Einzelhändler (davon 223 verwendeten Datensätze in der Auswertung) aus 26 Städten an der Studie teilgenommen.

Digitalisierung in der Verwaltung stärker ausgeprägt als im Marketing- und Servicebereich

Das Segment “Digitalisierung der Verwal­tung” weist den höchsten Nutzungsgrad von digitalen Anwendungen und Technologien unter den Befragten Händlern auf. Positiv hervorzuheben ist hier die bereits relativ hohe Verbreitung von digitalen Warenwirt­schaftssystemen. Im Segment “Digitalisierung der Vertriebs­kanäle” (online & offline) werden nur sehr geringe Nutzungsgrade erreicht (siehe Abbildung 1). Hier nutzt der ISEH die Potenziale der Digitalisierung noch nicht ausreichend.

Der Nutzungsgrad in den Segmenten “Di­gitalisierung der Marketingaktivitäten” und der “Digitalisierung der Serviceangebote” ist auf einem niedrigen Niveau. Im Vergleich zu dem Teilbereich “Digitalisierung der Ver­triebskanäle” zeigen die Ergebnisse hier aber auch, dass der ISEH sich bei Marketing und Service bereits auf den Weg gemacht hat.

Abb. 1: Die digitalen Vertriebskanäle werden bisher kaum von den Einzelhändlern in Südwestfalen genutzt (Quelle: Händlerbefragung 2016, CCEC).

Haltung gegenüber der Digitalisierung ist im stationären Einzelhandel zwiegespalten

Der ISEH hat mit Ressourcenmangel zu kämpfen (u.a. in den Bereichen Finanzen, Personal, passende Infrastruktur und der ei­genen Produkte). Nur ein Drittel der Händ­ler schätzt seine vorhandenen Ressourcen als “gut” gegenüber den Herausforderun­gen der Digitalisierung ein. Externer Druck zur Digitalisierung wird vom ISEH nur in sehr geringem Maße wahrge­nommen. Eine Ausnahme stellt der als hoch wahrgenommene “gesellschaftliche Druck zur Digitalisierung” dar. Von Kunden, Kon­kurrenten und Lieferanten nimmt der ISEH im Gegensatz dazu fast gar keinen Druck zur Digitalisierung wahr (siehe Abbildung 2).

Der “interne Bedarf zur Digitalisierung” wird vom ISEH ebenfalls als sehr niedrig angege­ben. Der größte Bedarf wird in der “Digitali­sierung der Verwaltung” gesehen.

Die Haltung gegenüber der Digitalisierung ist im ISEH zwiegespalten. Zwar sehen fast 90% der befragten Händler eine sehr hohe Bedeutung für die Digitalisierung in Zukunft, aber nur knapp 50% erkennen aktuell Vor­teile in der Digitalisierung für sich selbst.

Abb. 2: Nur knapp 12% der stationären Einzelhändler in Südwestfalen fühlen den Druck zur Digitalisierung von Kundenseite (Quelle: Händlerbefragung 2016, CCEC).

Was hindert den stationären Einzelhandel an der Digitalisierung?

Der vorhandene Ressourcenmangel im ISEH wirkt sich nur in geringem Maße negativ auf die Nutzung der Digitalisierung aus. Stärker bremst der aktuell kaum wahrgenommene externe Druck von Lieferanten, Konkurren­ten und vor allem der kaum wahrgenom­mene Druck von Kunden die aktuelle Nut­zung der Digitalisierung im ISEH. Gerade die Entkopplung von den Kundenbedürfnissen führt dazu, dass die Händler die Möglichkei­ten der Digitalisierung nicht in klare Bedarfe übersetzen und damit auch keinen eigenen Anreiz zur Nutzung von Digitalisierung se­hen. Die zwiegespaltene Haltung des ISEH gegen­über der Digitalisierung hat zwar auch nur geringen bremsenden Einfluss auf die Nut­zung der Digitalisierung, weist aber darauf hin, dass der Handel sich immer noch in ei­ner unsicheren Situation gegenüber der Di­gitalisierung wähnt und zu den offenen Fra­gestellungen und Herausforderungen nach Orientierung sucht.

Welche Einzelhändler treiben die Digitalisierung voran?

Händler, welche einen hohen externen Druck zur Digitalisierung wahrnehmen, ent­wickeln ebenfalls einen hohen internen Be­darf zur Digitalisierung und erreichen ent­sprechend auch einen hohen Nutzungsgrad der Digitalisierung insgesamt. Die Wahrneh­mung von externem Druck nimmt unter den Treibern der Digitalisierung des ISEH eine besonders einflussreiche Rolle ein.

Auch die Nutzung der Digitalisierung selbst ist ein Treiber der Gesamtentwicklung. Bei der Untersuchung der Nutzung der Digitali­sierung zeigte sich eine selbstverstärkende Nutzungskette, ausgehend von der Nutzung der “Digitalisierung in der Verwaltung” und der Nutzung der “Digitalisierung der Ver­triebskanäle”. Die Nutzung dieser Segmente hat auch positiven Einfluss auf die Nutzung der “Digitalisierung der Marketingaktivitä­ten” und der Nutzung der “Digitalisierung der Serviceangebote”.

Kurzfazit der Händlerbefragung in Südwestfalen

Der Stand der Digitalisierung im ISEH in der Region Südwestfalen ist auf niedrigem Ni­veau. Die befragten Händler sind sich der Be­deutung der Digitalisierung bewusst, leiten davon aber keine internen Bedarfe für das eigene Unternehmen ab und lassen viele Potenziale der Digitalisierung ungenutzt. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass die Digitalisierung im ISEH hauptsächlich zur internen Arbeits- und Ablauferleich­terung in der Verwaltung eingesetzt wird. Schnittstellen zu Kunden, sei es über die Vertriebskanäle, das Serviceangebot oder im Online Marketing, werden vernachläs­sigt. Dabei haben bei Kundenbefragungen bereits mehr als die Hälfte der Befragten in den Einkaufsstraßen Südwestfalens an­gegeben, ihr Einkaufsverhalten in Richtung Nutzung von digitalen Vertriebskanälen und digitalen Services geändert zu haben (vgl. Vi­tale Innenstädte).

Die fortschreitende Entkoppelung der Händler von den Einkaufsgewohnheiten ih­rer Kunden ist eine der größten Barrieren für die Digitalisierung im ISEH. Ziel muss es sein dieser Entfremdung entgegenzuwir­ken; unter anderem mit der Hilfe von Sen­sibilisierungs-, Informations- und Weiterbil­dungsmaßnahmen. Die Wahrnehmung von externen Drücken, wie die Wahrnehmung von Kundenbe­dürfnissen, sind ein starker Treiber für die Digitalisierung im ISEH. Die bereits hohe Verbreitung von digitalen Warenwirtschaftssystemen ist positiv her­vorzuheben. Allerdings sind viele dieser Systeme noch nicht mit modernen Schnitt­stellen wie z.B. zum Onlineshop oder elekt­ronischen Marktplatz, ausgestattet. Um sich auf die Herausforderungen einer sich verändernden Handelswelt einzustel­len, bieten moderne Warenwirtschafts­systeme sowie die Digitalisierung der Ver­triebskanäle ideale Startpunkte für eine Digitalisierungsstrategie im ISEH.

Händlerbefragung zum Download:

Die komplette Studie zum „aktuellen Stand der Digitaliserung im inhabergeführten stationären Einzelhandel in Südwestfalen“ finden Sie hier zum Download.

Beschreibende Auswertungen zu den einzelnen Fragen der Erhebung finden Sie hier.

Darüber hinaus werden wir in unserer Rubrik Zahl des Monats Auszüge aus der Händlerbefragung präsentieren.