Der Begriff „Digitalisierung“ steht heute für Umbruch, Innovation und Optimierung. Gerade wenn es dabei um Prozesse geht, scheint es auch für den traditionellen Einzelhändler kaum noch einen Weg daran vorbei zu geben. Dabei spielt nicht nur die Anpassung der Warenwirtschaft eine wesentliche Rolle, sondern auch die Pflege der Website, des Google My Business-Eintrages und des Social Media-Auftritts sowie die Anbindung aller Onlinemaßnahmen an das stationäre Ladenlokal. Wie entscheidend in diesem Zusammenhang nun aber die Technologisierung der Ladenfläche selbst ist, ist gerade bei den kleineren Händlern deutlich schwieriger auszumachen. Wenn es um die reine Verbesserung des Verkaufsprozesses geht, so zeigt sich, dass die Einbindung von beispielsweise kontaktlosen Kartenlesegeräten durchaus positiv wahrgenommen wird. Die Beratungsunterstützung mittels digitaler Medien wird aktuell allerdings immer noch mit relativ viel Skepsis gesehen.
Die digitale Beratungsunterstützung, ein Mythos für den kleinen stationären Einzelhändler?
Digitale Beratung: Skepsis gegenüber stationären Einzelhändlern
Tablets als Verkaufsunterstützung? Uni Siegen befragt über 600 Kunden
Die Universität Siegen hat im Zuge dessen einmal die Frage gestellt, ob die Wahrnehmung derartiger Medien durch die Kunden von der Größe des Händlers abhängt. Dabei konzentrierte sich die Studie darauf, gewisse Vorurteile gegenüber einer Beratung mit Hilfe und ohne mobiles Endgerät zu ermitteln. Insgesamt konnten über 600 Probanden mittels Onlineumfrage herangezogen werden, welche, entweder ein Szenario einer Handelskette oder eines stationären, kleinen Einzelhändlers zu sehen bekamen. Es stellte sich heraus, dass bei gleichen Ausgangsbedingungen und Fragestellungen, der Handelskette ein deutlicher Vorteil bescheinigt wurde, wenn es darum ging, in ein Beratungsgespräch zu gehen, in welchem offensichtlich ein Tablet zur Beratungsunterstützung genutzt wird.
Zwanghafte Digitalisierung der Verkaufsfläche nicht immer die Lösung
Im Einzelnen zeigen die Ergebnisse, dass nur die reine Anwesenheit eines Tablets dazu führte, dass die potentielle Beratungskompetenz (nur die Beratungskompetenz, von der die Kunden ohne Kontakt zum Berater aufgenommen zu haben, nicht die tatsächlich erlebte) nicht nur mit Blick auf das Produktwissen der Berater innerhalb der Handelsketten deutlich höher eingeschätzt wurde als bei einem stationären Händler, sondern diese Berater auch sympathischer und kommunikativer wirkten. Komplett gegensätzliche Ergebnisse ergaben sich jedoch, wenn das Tablet nicht von vorne herein in das Beratungsgespräch eingebunden war. Hier wurde deutlich, dass über alle Kategorien hinweg, sich der stationäre Händler immer noch auf seine traditionellen Kompetenzen berufen kann. Ferner wird deutlich, dass diese Form der Beratung, über alle abgefragten Szenarien hinweg, am positivsten wahrgenommen wurde. Unter dem Strich lassen sich aus dieser Studie daher zwei wichtige Erkenntnisse ziehen. Zum einen ist der stationäre, kleine Einzelhandel mit Blick auf dessen Beratungskompetenz noch immer konkurrenzfähig. Gerade hinsichtlich der untersuchten Kompetenzkategorien zeigt sich, dass vor allem die traditionelle, zwischenmenschliche Beratung immer noch einen besonderen Stellenwert bei den Kunden hat. Der über alle Kategorien hinweg recht große Unterschied zwischen den zwei abgefragten Beratungstypen macht ferner deutlich, womit vor allem die kleinen Händler heute noch Punkten können. Zum anderen ist allerdings auch ersichtlich, dass diese Diskrepanz bei den Handelsketten kaum noch auftritt. Es kann insgesamt sogar eine ganz leichte Tendenz in Richtung der digital-unterstützten Beratung ausgemacht werden.
Die digitale Beratungsunterstützung scheint gerade bei den stationären Händlern noch eine Reihe von Barrieren und Hemmnissen auszulösen. Folglich sollte sich weiterhin die Frage gestellt werden, ob und wie diese mit Blick auf die untersuchten Kategorien abzubauen sind bzw. wie konsequent derartige Medien in die Beratung einbezogen werden sollten. Es scheint sich allerdings die Vermutung zu bestätigen, dass eine zwanghaft digitalisierte Verkaufsfläche nicht automatisch die unausweichliche Lösung sein kann.